Fabia
Löw

Chocolatière

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Jede Praliné ist ein Unikat

ZÜRICH/ROMANSHORN – Inspiriert durch den französischen Film «Chocolat» gründete Fabia Löw 2014 mit ihrer Schwester die Schokola­den-Manufaktur «Löw Delights». Inzwischen sind die «Löwenküsse» in der ganzen Schweiz bekannt, ihren Anfang nahmen sie am Gastro-College der Academia Euregio Bodensee (2003-2006): Im Rahmen der Persönlichkeits­entwicklung überraschte Fabia Löw Gäste mit süssen Bettmümpfeli – der inoffizielle Start der Karriere als Chocolatière.

Text: Mark Riklin, Bild: Nora Dal Cero

ZÜRICH – Kreis 4, Zimmerli­strasse 6, in einem Hinterhof. Im 2. Stock des Atelierhauses hat sich die Schokola­den-Manu­faktur «Löw Delights» eingenistet, ein Zwei-Frauen-Betrieb der beiden Schwestern Fabia und Laura Löw. Hier entstehen von Hand gefertigte, nachhaltige, vegane und fair produzierte Gourmet-Schokoladen­kreationen, die süsse Träume wahr werden lassen. Die ganze Produktion vom Entwickeln bis zum Verpacken findet in diesen vier Wänden statt.

Safran Cocktail

Während Fabia Löw (35) einen Safran Cocktail mit weissem Rum, eingelegten Safran-Fäden, Passionssaft, Limette, Vanille, Aqua Faba und Eiswürfeln serviert, schwelgen wir in alten Geschichten und Erinnerungen. Im Sommer sind es zwanzig Jahre her, seit sich unsere Wege an der Academia Euregio Bodensee (AEB) gekreuzt haben. Fabia Löw begann damals am Gastro-College ihre Berufsaus­bildung als Gastgeberin und Köchin, ich meine Aufgabe als Leiter der Storyfactory, einer neuen Form der Persönlichkeitsentwicklung. Jeden Freitag trafen wir uns, um auf der Grundlage der eigenen Neigungen, Leidenschaften und Bedürfnisse biographisch gerahmte Figuren und Geschichten zu entwerfen, um auf diesem Wege der eigenen Persönlichkeit schrittweise näher zu kommen. Fabia Löw’s Figur war schnell gefunden: Als Tiana di Sotto überraschte sie Gäste mit süssen «Bettmümpfeli» (Betthupferln) – der inoffizielle Start der späteren Karriere als Chocolatière.

Parfum de Siam

Aber eins nach dem anderen. Zweiter Akt im Verwöhn-Programm: Kleine Brötchen mit verschiedenen Hummus-Aufstrichen in gelber, grüner und roter Farbe werden aufgetischt, vom 2-Sterne-Koch Moses Ceylan, dem Freund von Fabia Löw, liebevoll zubereitet. Den Anfang macht ein gelbes «Parfum de Siam» aus Zitronengras und Kokosnuss. Fabia Löw datiert mich auf, fasst die letzten 20 Jahre ihres Werdegangs zusammen. Nach Abschluss der Lehre im Restaurant Ruggisberg in Lömmen­schwil machte die gelernte Köchin eine Zusatzaus­bildung zur Pâtisserie-Con­fiseuse und perfektionierte ihr Handwerk bei Starköchin Vreni Giger im Jägerhof in St.Gallen. Dort durfte sie eigene Praliné-Platten kreieren und ums Eck schauen, wenn der Chef de Service ihre Eigenkreationen präsentierte, und dabei die Reaktionen der Gäste beobachten. Immer wieder freut sie sich darüber, welche Geschmacks-Ex­plosionen diese kleinen Körper auslösen und was für Geschichten sie zu erzählen vermögen. «Every chocolate tells a story», ist Fabia Löw überzeugt.

Mamma Basilico

Mamma Basilico (Basilikum Hummus), der zweite Aufstrich. Vreni Giger habe sie immer wieder ermuntert, sich selbständig zu machen. Im Sommer 2014 war es dann so weit: Auf der Dachterrasse stossen Fabia und Schwester Laura miteinander an, feiern ihren Entschluss «Let’s go for chocolate» und schon ist «Löw Delights» geboren. So einfach geht das bei den Löws, auf die feminine Art, wie Fabia Löw sagt: intuitiv, emotional, ohne Strategie und Businessplan, dafür mit viel Herz, Leidenschaft und Urvertrauen. Und mit den Grosseltern als Vorbild im Rücken, die bis in die 70er-Jahre die Schuhfabrik Löw AG mit Leib und Seele geführt haben. Von Anfang an ergänzen sich die beiden Schwestern auf ideale Weise: Fabia ist für die Produktion zuständig, während sich Laura, die nach der Handels­mittelschule einen Bachelor in mehrsprachiger Kommunikation machte, um Administration, Verpackung und Kommunikation kümmert.

Turicum

Turicum, Gin, Gewürze und Randen, der dritte Aufstrich. Fabia Löw entwickelt sich laufend weiter. Zur Klangschalen-Therapeutin, später zur spirituellen Beraterin und Lehrerin, die Energien wahrnehmen, lesen und wieder in Fluss bringen kann. Klänge und Düfte unterstützen die Alchemistin für Sinnlichkeit und Bewusstsein dabei, innere Prozesse auszulösen. Fabia Löw wagt immer wieder, wovon sie träumt. Und hat noch lange nicht ausgeträumt. Irgendwann möchte sie im Einklang der Natur eine Altersresidenz führen. Ein Ressort für Heilung, Inspiration und Regeneration. Einen Ort mit Sternen­küche, Spa und Ateliers. Neben Herzblut und Leidenschaft brauche es vor allem eine gesunde Portion Naivität und Verrücktheit, um die eigenen Träume zu verwirklichen. «Wenn wir auf andere gehört hätten, wären wir nie da, wo wir jetzt sind», sagt Fabia Löw.

Löwenküsse

Dritter Akt. «Löwenküsse sind die besten Küsse», steht über der Eingangs­türe geschrieben. Auf einem weissen Tablett sind sie aufgereiht, die sogenannten Löwenküsse. Es gibt sie in allen Farben und Sorten. Tonka-Vanille, Kaffee-Pecan, Kokos-Maracuja, Haselnuss-Zartbitter oder Salty-Peanut, der Bestseller. Jede Praliné ist ein Unikat, ein Kunstwerk für sich, das ich kaum anzufassen wage. Fabia Löw empfiehlt mir die neuste Kreation, den «Pomme d’Amour», einen roten Bratapfel von einem Biohof aus dem Luzernischen. Die weiteren Zutaten: Kakaokerne, Mandeln, Haselnüsse, Apfelmus, Vanille, Marzipan etc. – ein mehrschichtiges Geschmackserlebnis. «Oft tüfteln wir wochen-, ja monatelang an neuen Kreationen», sagt Fabia Löw. «Die neuen Kreationen degustiere ich morgens auf nüchternen Magen. Wenn sich dabei die Augen schliessen vor Genuss, automatisch ein Lächeln kommt und Tränen in die Augen schiessen, weil es so gut ist, dann weiss ich: ein neues Baby ist geboren.»

Météorites

Nicht immer war es einfach, als junge Unternehme­rinnen in einer von Männern dominierten Geschäftswelt wahr- und ernst­genommen zu werden. Sieben Mal sind sie umgezogen, bis sie an der Zimmerli­strasse sesshaft wurden. Gesiegt habe immer die Leidenschaft. «Eine Leidenschaft, die keine Leiden schafft», präzisiert Fabia Löw, während sie den restlichen Humus in drei Gläser abfüllt und in der Papiertasche neben die Löwenküsse stellt. «Wir wollen keinen Nutzen ziehen aus etwas, das jemandem schadet. Das bedeutet, dass wir Kakao aus fairem Handel beziehen, kein Palmöl verwenden und hauptsächlich vegan produzieren.» Noch eine Schachtel «Météorites», fein geröstete Schokolade-Gewürz-Mandeln, «die sofort einschlagen», schmunzelt Fabia Löw beim Abschied und übergibt mir eine Schatzkiste voller Pralinen, «einmal blinzeln und schon sind sie weg.»

Pralinés wie Kunstwerke: Beitrag auf SRF (4’) vom 24. Oktober 2019

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